Sonntag, 23. Dezember 2007

Kiruna

Nach einigem hin und her und anderen Planungschwierigkeiten haben ich es an diesem Wochenende endlich geschafft nach Kiruna zu fahren. Die Vorgeschichte: Eigentlich sollte es am ersten Dezemberwochenende zusammen mit meiner Mentorgruppe dort hochgehen. Hostel war auch schon gebucht, nur dann fiel uns auf dass das Eishotel (die Hauptattraktion in Kiruna) erst am 7. Dezember aufmacht. Also alles wieder abgeblasen. Der nächste Versuch am vergangenen Wochenende zusammen mit Andrea, Susanne und Anita scheiterte an mangelnden Hotelbetten in Kiruna. Da Andrea und Susanne über Weihnachten heimfliegen und es im Januar eher schlecht passt haben Anita und ich kurzerhand beschlossen dieses Wochenende hochzufahren. Aber auch dieser Plan scheiterte fast, denn auch dieses Wochenende war so ziemlich alles ausgebucht. Aber glücklicherweise fanden wir dann doch noch ein Zimmer, besser gesagt ein kleines Apartment (also mit Küche). Wir dachten also das Hauptproblem wäre gelöst, war es aber nur teilweise, denn der Zug mit dem wir fahren wollten war ebenso ausgebucht, so dass wir zwar zwei Tickets bekamen aber nur noch eine Platzreservierung. Man sollte eben nicht am Wochenende vor Weihnachten verreisen. Aber es sollte doch noch alles gut werden. Warum wollten wir eigentlich nach Kiruna? Natürlich um etwas von Schweden zu sehen, aber wir hatten schon etwas spezielles im Hinterkopf. Man könnte sagen, dass Kiruna die nördlichste Stadt Schwedens ist (je nach Interpretation von Stadt) . Kiruna liegt ungefähr 700 km nördlich von Umeå und hat knapp 20 000 Einwohner. Erbaut wurde sie wegen des Erzvorkommens, auch heute noch ist die Mine in Betrieb, sie (bzw. der Abbau des Eisenerzes) ist dafür verantwortlich dass die gesamte Stadt umgesiedelt werden muss, da sie quasi untergraben wird. Die eigentliche Attraktion ist aber das Eishotel, ein Hotel komplett aus Eis (und wie ich mittlerweile erfahren habe) und Schnee erbaut. Ich denke jeder hat schon Mal davon gehört, nur drin waren wahrscheinlich noch nicht ganz so viele, ich schon! Aber dazu später mehr.

Am Freitag morgen ging es los, erst mit dem Bus in die Stadt zum Bahnhof. Unser Wagen hielt ziemlich genau vor uns, so dass wir relativ schnell einsteigen konnten (nachdem diverse Personen noch mehr Koffer ausgeladen hatten, es ist schon erstaunlich mit wie vielen Koffern eine einzelne Person reisen kann). Aber wir hatten Glück, direkt gegenüber von unserem reservierten Platz war noch ein Platz frei. Der Zug an sich war sehr bequem. Schöne breite Sitze, einen Tisch und es war sehr ruhig, sowohl von außen (also Fahrgeräusche) als auch innen hörte man nicht viel. Nach der Hälfte der Zeit mussten wir umsteigen (in Boden). Auch im neuen Zug hatten wir nur einen Platz, da dieser aber sehr viel leerer war, war es überhaupt kein Problem zwei zusammenhängende Plätze zu finden. Je weiter nördlich wir kamen, desto mehr Schnee lag, was uns sehr positiv stimmte, denn zur Zeit liegt hier in Umeå kein Schnee. Unterbrochen wurde die Fahrt nur ab und zu für ein paar Stops in kleinen Dörfern, soweit man sehen konnte sogar ohne richtigen Bahnhof. Irgendwann haben wir dann zum ersten Mal in unserem Leben mehr oder weniger unbewusst den nördlichen Polarkreis überquert. Gegen 16 Uhr kamen wir dann in einem stockdunklen Kiruna an. Der erste Blick viel auf die mit vielen Lampen beleuchtete Mine, deren Form eher an ein Schiff erinnerte.

die Mine (bei Nacht)

und bei Tag

Der Weg zum Hotel, der auf der Karte sehr einfach aussah, entpuppte sich dann Dank Schnee und Dunkelheit als doch etwas komplizierter, aber dank einer freundlichen Schwedin (die uns sogar eine Karte zeichnete) kamen wir dann doch in unserem Hotel an.

unser Hotel

Das Zimmer war erstaunlich groß und ganz gut eingerichtet, besonders bemerkenswert: in der Küche gab es jedes Utensil genau zwei Mal, also 2 Teller, 2 Tassen, 2 Gläser, 2 Messer... Besuch etc. ist nicht. Um die Zeit zu nutzen sind wir auch gleich wieder los in die Stadt.

die Kirche, in Form einer Samenhütte erbaut

am Freitag konnten wir den Mond noch bewundern

Weihnachtsbeleuchtung

Außer ein paar Souvenirläden und bearbeiteten Eisklötzen (wohl Werbung für das Eishotel) hatte die Stadt nicht viel zu bieten. Aber das hatten wir ja auch nicht erwartet. Am Samstag sollte es ja das eigentliche Programm geben. Deswegen sind wir auch nachdem wir alles gesehen hatten, wieder zurück ins Hotel (mit einem kleinen Umweg über Supermarkt und Imbissbude) um am nächsten Tag fit zu sein.


die Imbissbude

und unser Abendessen

Am Samstag sollte es quasi das volle Touristenprogramm geben. Für 10 Uhr hatten wir eine kombinierte Tour mit Schlittenhunden und Schneemobilen gebucht und am Nachmittag sollte es dann zum Eishotel gehen. Schon beim Frühstück gab es die erste Überraschung, es wurde hell. Warum das eine Überraschung war? Also selbst in Umeå, also 700km südlich wird es um diese Zeit nur bei wolkenlosen Himmel hell. Hier oben und in der längsten Nacht des Jahres (wir haben zielsicher die Wintersonnenwende als Reisedatum gewählt...) sollte es eigentlich gar nicht hell werden. Aber das ist natürlich nicht richtig, nur dass die Sonne nicht aufgeht, heißt noch lange nicht, dass es nicht hell wird. Man hat quasi 7 Stunden lang Sonnenaufgang und Sonnenuntergang in einem, der gesamte Horizont von Ost nach West ist gelb-rot gefärbt. Sehr beeindruckend. Um 10 Uhr holte uns also unser Guide am Hotel ab, und dreimal dürft ihr raten welche Nationalität er hatte, nein nicht Schwede, sondern Deutsch. Die nächsten Gäste die wir eingesammelt haben, waren, natürlich, auch Deutsche bzw. deutschsprachige Schweizer. Wenigstens der Rest der Truppe war halbwegs international, wenn auch alles Studenten (und keine Schweden), die auch von deutlich weiter weg kamen als wir, Stockholm und sogar Göteborg. Zuerst bekamen wir alle vernünftige Winterklamotten, zum einen gegen die Kälte, aber da hätte man auch die eigenen nehmen können, aber vorallem gegen den Gestank der Hunde.

die Hunde waren sehr zutraulich (das bin übrigens ich)

Einen passenden Skioverall habe ich auch gefunden, nur bei den Schuhen habe ich dann lieber meine eigenen behalten. Zuerst gab es eine kurze Einweisung an den Schneemobilen, immer zwei Leute, einer sitzt vorne und fährt, der andere dahinter und hält sich fest.

Anita auf dem Schneemobil

Die Steuerung ist ziemlich einfach, ein Hebel für Gas und einer für die Bremse, einen Rückwartsgang gibts auch, aber den brauchten wir zum Glück nicht. Ansonsten kann man sich das wie ein Motorrad vorstellen, nur eben mit Skiern und Kette und ohne Räder. Danach wurden die Hunde an den beiden Schlitten festgemacht, die wussten auch schon dass es gleich losgeht und waren vollkommen am durchdrehen.


die Hunde kurz vor Abfahrt

Pro Schlitten gab es 10 Hunde und es dauerte eine Weile bis alle fest waren. Dann konnte es losgehen. Kombinierte Tour heißt, dass jeder sowohl auf dem Schlitten als auch auf dem Schneemobil fahren durfte. Es gab drei Schneemobile und zwei Schlitten. Auf jeden Schlitten kamen vier Touristen und dann noch ein Guide, der lenkte und bremste. Ich (bzw. wir) waren zuerst mit Schneemobil dran. Nach der Hälfte der Strecke sollte dann gewechselt werden. Es ist schon ein irres Gefühl über den Schnee zu heizen, man kann das gar nicht beschreiben, vielleicht vermitteln die Bilder und Videos einen besseren Eindruck. Nach der Hälfte durfte ich dann auch selbst fahren (vorher ist Anita gefahren) und das macht noch mehr Spaß!


auf dem Schneemobil

Ab und zu mussten wir auch anhalten um alle wieder zusammen zu bringen, insbesondere die beiden Mädels hinter uns waren doch etwas zaghaft.

ein Blick zurück

Auch auf die Schlittenhunde mussten wir etwas warten, insbesondere als sie etwas zu schnell den Berg runterkamen und in der nächsten Kurve immer noch zu schnell waren, das hat nicht ganz gepasst und alle lagen im Schnee, es wurde aber niemand verletzt.

und da liegen sie (ganz hinten)

Als man sich gerade an alles gewöhnt hatte, kam auch schon die Mittagspause, d.h. hier in Schweden Fika und es gab Kaffee und Kuchen in einem Zelt und wir hatten noch ein bisschen Zeit die Landschaft (und den Himmel) zu genießen.

unser Rastplatz

mit super Aussicht

Danach ging es wieder zurück, dieses Mal umgekehrt, also die Leute von den Schlitten auf die Schneemobile und wir auf die Schlitten. Man glaubt gar nicht was 10 kleine Hunde für eine Kraft haben und wie bekloppt die immer weiter laufen. Schlittenfahren ist deutlich anders als Schneemobilfahren, bei letzterem hat man, als Fahrer, die volle Kontrolle und ist auch deutlich schneller unterwegs. Beim Schlitten ist man langsamer unterwegs und ist den Hunden und dem Guide (der aber nicht allzuviel machen kann) überlassen, wenn es bergab geht, wird man deutlich schneller und wenn es in einer Kurve geht, fährt man halt erstmal ein Stück geradeaus bis der Schlitten wieder den Hunden folgt.


auf dem Hundeschlitten (nach vorne)

auf dem Schlitten (nach hinten)

Die Rückfahrt war leider viel zu kurz und wir waren wieder am Ausgangspunkt. Jetzt hieß es noch die Hunde in ihre Zwinger bringen, das machten die aber freiwillig. Insgesamt ein sehr schöner Ausflug, wenn auch sehr kurz (jetzt war es 13 Uhr und wir waren um 10 noch am Hotel) und dafür recht teuer (750 SEK). Aber es hat sich gelohnt und ich kann es jedem empfehlen, allerdings beides als volle Tour (6 Stunden), dann hat man deutlich mehr davon. Aber so konnten wir beides an einem Tag probieren. Denn wir hatten ja noch mehr vor. Und wir hatten noch ein Problem, am Wochenende fahren in Kiruna keine Busse und ein Taxi ins 17km entfernte Eishotel kostet pro Strecke 450 SEK. Also fragten wir einfach den Guide der uns ins Hotel brachte ob er uns da absetzen könnte, theoretisch ja, war die Antwort, aber er müsse noch was für seinen Chef erledigen, danach könne er uns gerne (für ein kleines Trinkgeld) fahren. Das Angebot nahmen wir doch sehr gerne an. Eine Stunde später holte er uns dann auch schon wieder an unserem Hotel ab und setzte uns direkt vorm Eishotel ab. Aus den 150 SEK die er haben wollte, machten wir 200 SEK und hatten immer noch 250 SEK gespart. Zum Eishotel selbst möchte ich gar nicht viel sagen, die Bilder aber noch viel mehr die Videos sagen alles: WOW! Ich hatte es mir zwar deutlich größer vorgestellt, aber es ist schon erstaunlich was man aus Schnee, Eis und Licht alles bauen kann. Tagsüber ist das Hotel für Besucher offen (natürlich kostet es Eintritt), ab 18 Uhr müssen dann die nicht über Nacht bleibenden Gäste das Hotel verlassen und die richtigen Gäste können ihre Zimmer beziehen. Wobei man dort nur schläft, umziehen und waschen macht man in beheizten Räumen nebenan. Das Hotel besteht quasi aus einem langen Gang, an den 4 kleinere Gänge angrenzen. Zwei von diesen Gängen (eigentlich müsste man ja in einem Hotel Flure sagen) führten zu den "einfachen" Zimmern, die aus einfachen (überall gleichen Betten) in "langweiligen" weißen (Schnee!) Räumen bestanden. Die beiden anderen aber führten zu den Designsuiten, hier hatten sich Künstler aus diversen Ländern betätigt und ein Meisterwerk neben dem anderen geschaffen. Aber seht selbst.


Rundgang durchs Eishotel - Teil 1




Rundgang durchs Eishotel - Teil 2



die beste Suite, zwei Eingänge und ein Tunnel


der Eingang


links und rechts liegen die einzelnen Zimmer


ein kleines Bett


ein großes Bett

ein großes Bett 2

Licht und Eis

Raumschiff

alles Würfel

alles Würfel 2


Designersuite

Designersuite

Designersuite

Drache

und Fuß

Baustelle

Skål!

Formen aus Eis

Eis und Schnee

Kirche aus Eis (noch nicht fertig)

Kreuz in der Kirche

von diesem Gang führten die anderen Gänge ab

Kunst mit Eis

Benutzung eher nicht empfholen

Eishotel

Absolut Eisbar 1

Absolut Eisbar 2

Videoprojektion auf Eis

Nach diesem sehr beeindruckenden Rundgang sind wir noch in den Ort selbst gegangen, Jukkasjärvi, denn hier steht noch die älteste Holzkirche (zumindest Nord-) Schwedens.

der Kirchturm

die eigentliche Kirche

die Orgel

Die konnte natürlich nicht mit dem Eishotel mithalten, war aber trotzdem ganz schön anzusehen. Jetzt stand noch der Rückweg an, aber auch hier hatten wir wieder Glück. Als wir zurück zum Eishotel kamen, lud dort gerade ein Buss des Kiruner Busunternehmens Hotelgäste ab. Da wir davon ausgingen, dass der Bus danach wieder nach Kiruna fuhr fragten wir den Busfahrer einfach ob er uns mitnehmen könnte. Klar kein Problem, er müsse nur kurz nach Hause (er wohnte da irgendwo in der Nähe), er wäre in 30 Minuten wieder da. Das Busunternehmen hatte seinen Sitz außerhalb von Kiruna, aber wir mussten nicht laufen, denn der Busfahrer bot uns an uns mit seinem Auto mit nach Kiruna zu nehmen, er müsse sowieso dahin. Wir konnten unser Glück kaum fassen. Auf der Fahrt stellte sich dann heraus, dass er selbst noch Student ist und (ihr werdet es nicht glauben) hier in Umeå studiert. Nur über Weihnachten arbeitet er dort oben, weil er von dort kommt und er doppelt so viel verdient wie in Umeå. Wir haben ihm dann 60 SEK Trinkgeld gegeben, nachdem er uns direkt vor unserem Hotel rausgelassen hatte. Und so hatten wir statt der erwarteten 900 SEK nur 260 SEK bezahlt! Abends wollten wir dann endlich richtige Nordlichter sehen, nicht nur das was wir schon in Umeå gesehen hatten. Leider lag unser Hotel im Süden von Kiruna, also machten wir uns auf den Weg durch die gesamte Stadt (ok, so groß ist sie jetzt auch wieder nicht) um auch ja jede Störung durch künstliches Licht zu vermeiden. Irgendwann kamen wir dann auf dem Campingplatz raus. Wir hatten einen Superblick auf den Horizont und weit und breit kein künstliches Licht. Trotzdem war es merkwürdig hell, hier hatten wir zum ersten Mal richtig Pech, denn es war Vollmond, aber so hell habe ich ihn noch nie gesehen.

so hell war es (60 Sekunden Belichtungszeit)

Es mag auch mit der Reflexion durch den Schnee zu tun haben, aber seht selbst auf den Bildern. Am Himmel ließ sich die Form der Nordlichter erahnen, aber der Mond überstrahlte alles.

das wolkenähnliche waren wohl Nordlichter

Man konnte sogar die Formveränderung erkennen nur ohne Farben was es ziemlich unspektakulär. Also zogen wir wieder zurück in unser Hotel. Am nächsten Morgen, also heute morgen hatten wir eine Tour in die Mine gebucht. Ein Teil der Mine ist als Museum zugänglich, allerdings nur mit geführten Touren. Das ganze hatte ich im Vorfeld per eMail gebucht, aber leider konnte ich in den letzten Tagen meine eMails nicht mehr abrufen, denn da ich auf Englisch geschrieben hatte, ging man in der Touristinformation davon aus, dass ich kein Schwedisch verstehe, was aber für die Tour am Sonntagmorgen (die war auf Schwedisch, es gibt zu anderen Zeiten aber auch Englische) wichtig gewesen wäre, um die Sicherheitshinweise zu verstehen. Also hatte man uns nicht mitgebucht und uns deswegen auch nicht über die Absage informiert, denn die Touren finden nur statt, wenn sich mindestens zehn Personen dafür anmelden. Also waren wir ganz umsonst so früh aufgestanden. Da es ziemlich neblig war, sind wir wieder zurück ins Hotel und haben in aller Ruhe unsere Sachen gepackt und sind zum Bahnhof marschiert um wieder zurück nach Umeå zu fahren (dieses Mal sogar mit zwei reservierten Plätzen in einem fast leeren Zug).

der Bahnhof

ein letzter Blick auf die Mine

unser Zug

Blick vom Zuginneren nach außen

Daheim angekommen erwarteten uns die anderen vier Jungs mit leckerer selbstgemachter Pizza. Vielen Dank nochmal dafür!

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